Speckgürtelreport

https://derstandard.at/interaktiv/2018/06-der-speckguertel/?1125

Wien liegt zwischen Gießhübl und Langenzersdorf

Der Speckgürtel-Report:
 

Die Vororte rund um Wien, wo sich Häuser hinter Thujenhecken verstecken, sind der Sehnsuchtsort für Städter mit Geld. Der Zuzug verändert die Identität der Gemeinden. Alteingesessene sehen die Dorfgemeinschaft bedroht – und auch Raumplanern macht der Traum vom Einfamilienhaus samt Vorgarten zunehmend Sorge. Ein Besuch im Speckgürtel.

Text: Franziska Zoidl, Martin Putschögl · Mitarbeit: Michael Matzenberger · Gestaltung: Sebastian Kienzl, Hans Pagel · Video: Ayham Yossef, Andreas Müller

Früher haben hier noch die Schafe gegrast.“ Mit einer ausladenden Handbewegung deutet die Mitte 40-jährige Gießhüblerin, die gerade mit ihren Hunden Gassi geht, in die Ferne. ­Heute muss man in der 2400-Einwohner­-Gemeinde Gießhübl im Bezirk Mödling im Süden Wiens nach Schafen lange suchen. Die Weiden sind Villen gewichen, eingekastelt von den für gediegene Vororte charakteristischen Thujenhecken. Davor parken fette SUVs und schnittige Cabrios.

Gießhübl ist das Paradebeispiel einer Speckgürtelgemeinde: Seit den 1970er­-Jahren hat sich die Bevölkerung des früher landwirtschaftlich geprägten Dorfes mehr als verdoppelt. Der Akademikeranteil ist mit 31,2 Prozent heute so groß wie nirgends sonst im Wiener Speckgürtel. Hierher zieht es viele, die zwar in der Bundeshauptstadt arbeiten, sich aber ein Haus mit Garten wünschen. Die Autobahn A21 – das gleichmäßige Rauschen der Autos ist fast überall im Ort zu hören – macht es möglich. An ­guten Tagen schafft man es in nur 22 Minuten in die Wiener City.

Der Speckgürtelindex

Wer den Traum vom Häuschen im Grünen hat und es sich leisten kann, der zieht ins Umland. Die Lebensqualität ist hoch, die Orte sind klein und adrett, dazu ist das Wiener Zentrum nur wenige Autominuten entfernt – wenn es sich nicht gerade staut. Aber wo im Gürtel lebt es sich am besten? Welche Orte sind aufgrund ihres hohen Pendleranteils reine Schlafstädte?

Der STANDARD hat Suburbia in den Blick genommen, um herauszufinden, welche Umlandgemeinden den Kriterien des „Speckgürtels“ am meisten entsprechen. Dafür haben wir Daten jener 177 Gemeinden ausgewertet, die nicht weiter als 60 Kilometer von Wien entfernt liegen; die „speckgürteligsten“ Vororte finden Sie in der Karte unten. Von der Anzahl der dort lebenden Familien über die Arbeitslosenrate, von der Distanz zum Wiener Rathaus über die Zuwanderung von der Bundeshauptstadt – im Folgenden finden Sie die Bewertungskriterien im Detail. Wir haben außerdem aus den Gemeinden mit den höchsten Werten im Speckgürtel-Index solche mit besonders interessanten Zahlen ausgewählt.

Bisamberg

Höchster Speckgürtel-Index (86)

Wien

Das Wanderungssaldo mit Wien

Einer der Kernindikatoren für die Definition des Speckgürtels ist die Wanderungsbilanz mit der Stadt Wien. Der Agglomerationsring wächst nämlich nicht deshalb so stark, weil viele Menschen aus dem Ausland oder den Flächenbundesländern zuziehen, sondern weil es Hauptstädter tun, die vom Beton genug haben. Sie wollen weiterhin von der Nähe zur Metropole profitieren, aber gleichzeitig das Grün außerhalb der Ortsschilder auskosten.

Straßenkilometer bis zum Wiener Rathaus

Der Speckgürtel franst ganz natürlich aus, je weiter man sich von Wien fortbewegt und aus dem Verdichtungsgebiet in tatsächlich ländliche Gegenden gelangt. Im Umkehrschluss ist die Nähe einer Gemeinde zu Wien (in Straßenkilometern) ein Hinweis auf ihr Speckgürteldasein.

Die Grundstückspreise

Baugründe sind in Speckgürtelgemeinden stark nachgefragt, weil sich die umzugswilligen Städter um Parzellen streiten. Je höher die Preise für einen Quadratmeter Baugrundstück ausfallen, desto höher rankt die Gemeinde im Index.

Zahl der Familien (gemessen an der Einwohnerzahl)

Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, sich gegen eine Stadtwohnung und für das Haus am Land zu entscheiden, mit dem Wohnbedarf des Haushalts wächst: Je höher der Anteil der Familien und je höher die Kinderzahl, desto eher wird eine Gemeinde zur Speckgürtelgemeinde.

Hochschulabschlüsse

Ein hoher Anteil an Tertiärabschlüssen ist laut demografischen Erkenntnissen typisch für Städte. Wenn Stadtbewohner in Umlandgemeinden ziehen und ihre Häuschen in den Speckgürtel stellen, lässt sich das auch durch eine höhere Quote an Universitäts- und Hochschulabsolventen in den Vororten ablesen.

Der Pendleranteil

Wer einmal aus Wien in das Umland gezogen ist, findet in der dörflichen Infrastruktur der neuen Heimatgemeinde nicht unbedingt einen Job, gegen den er oder sie den alten bedenkenlos tauscht. Ein hoher Pendleranteil an den Erwerbstätigen legt nahe, dass die Ortschaft wenig autark ist und als Speckgürtelgemeinde stark von Wien abhängig ist.

Geringe Arbeitslosigkeit

Genauso wie ein hoher Pendleranteil suggeriert auch eine hohe Beschäftigungs- und also niedrige Arbeitslosenquote, dass eine Gemeinde von Menschen bewohnt wird, die es sich leisten können, aus der Stadt in ein Haus im Speckgürtel zu ziehen.

Das hat sich auf die Immobilienpreise in Gießhübl ausgewirkt. Sie gehören zu den höchsten im Speckgürtel. 501 Euro zahlt man hier aktuell für einen Quadratmeter Bauland. Nur das nahe Perchtoldsdorf ist teurer. In absoluter Toplage seien aber auch in Gießhübl schon bis zu 1000 Euro für den Quadratmeter bezahlt worden.

Highlights aus dem Speckgürtel

Wo die meisten Familien leben, wo der Baugrund am teuersten ist und wo die meisten Pendler schlafen. Die 63 Gemeinden mit dem höchsten Speckgürtel-Index haben wir nach Extremen durchforstet. Prüfen Sie hier, ob Ihre Gemeinde einen „Speckgürtel“-Rekord aufgestellt hat.

Klosterneuburg
27.058
Einwohner
Größte Gemeinde

Andlersdorf
137
Einwohner
Kleinste Gemeinde

Tulbing
49,9 km
Größte Entfernung zum Wiener Rathaus
Große Distanz

Langenzersdorf
14,1 km
Geringste Entfernung zum Wiener Rathaus
Nah gelegen

Klosterneuburg
7.236
Meiste Familien
Familienfreundlich

Haslau-Maria Ellend
88,8 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Pendleranteil
Schlafstadt

Gießhübl
31,2 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Akademikeranteil
Bildungsnah

Niederhollabrunn
1,9 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Geringste Arbeitslosenquote
Workaholics

Perchtoldsdorf
543 €/m²
Höchster Baugrundpreis
Teuerstes Pflaster

Sommerein
59 €/m²
Geringster Baugrundpreis
Schnäppchen

Scharndorf
46,7 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Größter Anteil an gültigen Stimmen
ÖVP-Hochburg

Klosterneuburg
319
Meiste Zuwanderer aus Wien (2017)
Stadtflucht

Langenzersdorf
27
Meiste Abwanderer nach Wien (2017)
Landflucht

Maria Enzersdorf
35,7 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Gartenanteil
Zäune & Hecken

Andlersdorf
1,7 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Geringster Gartenanteil
Stubenhocker

Gaaden
80,5 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Waldanteil
Grüne Lunge

Wiener Neudorf
0,3 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Geringster Waldanteil
Lichtung

Gumpoldskirchen
28,7 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Weingärtenanteil an der Fläche
Weingemeinde

Wiener Neudorf
3,1 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Parkplatzanteil an der Fläche
Parkparadies

Münchendorf
0,002 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Geringster Parkplatzanteil an der Fläche
Parkplatzmangel

Brunn am Gebirge
11,1 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Freizeitflächenanteil
Freizeitoase

Wolfsgraben
0,04 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Geringster Freizeitflächenanteil
Kaum Freizeitangebot

Wiener Neudorf
13,3 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Höchster Straßenanteil
Asphaltwüste

Bei den Baulandpreisen in Gießhübl können Alteingesessene nur den Kopf schütteln. „Heute wohnen hier Leute, die Gießhübl nicht mal buchstabieren können“, beklagt sich die Einheimische. Sie ist hier aufgewachsen. „Da drüben hat meinen Vater eine Kreuzotter gebissen. Und dort hinten sind wir im Winter mit der ­Rodel ­gefahren.“ Wo sie hinzeigt, stehen jetzt ­futuristisch anmutende Wohnhäuser.

Karte des Wiener Umlands

Der Speckgürtel wächst: Wie viele Einwohner hat ihr Ort? Wie viel kostet der m² Baugrund bei Ihnen ums Eck? Und welche Partei ist in Ihrer Gemeinde gerade am stärksten? Zoomen Sie sich in unsere interaktive Karte und sehen Sie nach, wie sich Ihre Gemeinde im Laufe der Zeit verändert hat.

Gießhübl

Bildungsnah

Einwohner: 2.335
Pendleranteil: 82 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}
Baugrund: 501,10 €/m²
Stärkste Partei: ÖVP (39,0 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a})
DER STANDARD Speckgürtel Index: 76 {c32040450ccdae1e24b58ce5a9a0805841003b3baf38393318edf000e11f054a}

So wie Gießhübl ist es vielen einst landwirtschaftlich geprägten Gemeinden ergangen. „Die Entwicklung eines Speckgürtels ist ganz normal“, stellt die Raumplanerin Gerlind Weber klar. Seit den 1960er-Jahren wächst der Speck rund um Wien. „Damals gab es in Wien extrem günstige Mieten, und den Menschen blieb von ihrem Einkommen einiges übrig.“ Das investierten viele in einen Zweitwohnsitz auf dem Land. „Die Bauern haben dafür bereitwillig ihre Produktionsgrundlage verkauft.“ Damals eine Win-win-Situation für beide Seiten.

Heute sehen das viele nicht mehr so. Aus dem Zweitwohnsitz wurde häufig ein Hauptwohnsitz. Die Städter zogen aufs Land, der Lebensmittelpunkt blieb in Wien. So entstanden laut Weber Parallelgesellschaften: auf der einen Parzelle die Einheimischen, auf der anderen die Zugezogenen. „Da gibt es wenige Berührungspunkte. Außer vielleicht beim Heurigen.“

Gießhübl ist ein klassischer Pendlerort: 82 Prozent der Bewohner arbeiten anderswo, wie vom STANDARD erhobene Daten ­zeigen. Das heißt einerseits: sehr viel Verkehr. Andererseits wirkt sich das auch auf die ­Dynamik im Ort aus: „Wir sind eine Wohnschlafgemeinde, das kann man wirklich so sagen“, stellt ÖVP-Bürgermeisterin Michaela Vogl im Gemeindeamt fest.

Die Zersiedelung sorgt für ein hohes Verkehrsaufkommen, hier auf der A21, der Wiener Außenringautobahn. (Foto: Ayham Yossef)

Die Zugezogenen wollen vor allem schön wohnen. „Der Ort und die Gemeinschaft sind für sie gar nicht so interessant“, sagt Vogl. Darunter würden Vereine leiden. Dort sind vor allem Alteingesessene aktiv. „Das Vereinswesen ist typisch ländlich“, bestätigt Raumplanerin Weber. Neuankömmlinge könnten damit oft nichts anfangen. Auch das Ortszentrum selbst werde von vielen nicht angesteuert, klagt Bürgermeisterin Vogl. Das in Gießhübl ohnehin überschaubare Angebot an Einkaufsmöglichkeiten – eine Backstube im Zentrum, ein Billa an der Autobahn – werde von manchen gar nicht genutzt.

Der Greißler im Zentrum von Gießhübl hat schon lange geschlossen. (Foto: Ayham Yossef)

Die Zugezogenen grüßen nicht

„Die Zugezogenen wollen zwar ein Landleben, sie beteiligen sich daran aber nicht“, kritisiert eine Pensionistin. Eine junge Tschechin, die mit ihrer Familie vor drei Jahren aus dem 19. Wiener Bezirk herge­zogen ist, bestätigt: „Es ist hier nicht wie in einem Dorf.“ Die Designerhandtasche hängt lässig über ihrem Arm, die Nägel sind perfekt manikürt. „Wir kennen unsere Nachbarn nicht einmal.“

Eine alteingesessene Gießhüblerin, die gerade ihre morgendliche Walking-Runde absolviert, beäugt die Veränderungen kritisch. Seit 22 Jahren lebt sie mit ihrem Mann hier. Doch mittlerweile habe sich „ein sehr hochnäsiges Publikum“ angesiedelt. „In unserer Straße wohnen Menschen, die grüßen nicht einmal.“

Das fällt auch Bürgermeisterin Vogl auf. „Aber man darf das den Leuten nicht zum Vorwurf machen. Die kommen aus der Stadt und sind das nicht gewohnt.“

Raumplaner betrachten die Entwicklungen im Speckgürtel aus anderen Gründen mit Sorge. Wer aus der Stadt herzieht, der träumt vom freistehenden Einfamilienhaus. Der dadurch ­verursachte ­Bodenverbrauch ist enorm. „Die Trumpfkarte des ländlichen Raumes ist, dass man hier Eigentum bilden kann“, erklärt Weber. „Und zwar nicht die städtische Version einer Wohnung.“ Die Folge dieses „österreichischen Traumes“ ist eine „Totalzersiedelung“: „Das darf nicht so weiter­gehen. Wir steuern auf eine finanzielle ­Sackgasse zu“, warnt sie. Denn die dafür nötige Infrastruktur ist teuer.

Eine Folge der Zersiedelung: Viele Wege müssen mit dem Auto zurückgelegt werden. Zwar fährt mehrmals stündlich ein Bus von Gießhübl nach Wien-Liesing oder Mödling, „diese Busse sind aber meist leer“, so Bürgermeisterin Vogl.

Der Raumplaner Thomas Dillinger von der TU Wien kritisiert, dass es im Speckgürtel an einem gemeinsamen Planungsinstrumentarium fehle. Denn die Raumplanung ist Ländersache, die Flächenwidmung sogar Sache der Kommunen. Es ­fehle an Zusammenarbeit. Außerdem an Wissen zu Alternativen zum Einfamilienhaus, bei denen verdichteter gebaut wird. In einer ­heterogener werdenden Gesellschaft müsste auch für andere Lebensmodelle als die Familie gebaut werden, beispielsweise für junge Menschen oder Senioren.

In Gießhübl wurde jüngst der Maibaum umgeschnitten. Für Veranstaltungen interessieren sich vor allem die Alteingesessenen. (Foto: Ayham Yossef)

In Gießhübl ist das bereits Thema. Heute werde verdichteter gebaut als früher, ­erklärt die Bürgermeisterin. Wo früher ein Einfamilienhaus stand, errichten Bauträger heute zwei. Um das Wachstum einzubremsen, wurde vor einigen Jahren ein Baustopp verhängt, der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan überarbeitet.

Die hohen Immobilienpreise werden zum Problem: „Die Kinder haben oft überhaupt keine Chance, im Ort zu bleiben“, sagt Vogl. Im Vorjahr gab es das Vorhaben, auf einem gemeindeeigenen Grundstück Starterwohnungen entwickeln zu lassen. Bei einer Volksbefragung sprachen sich die Gießhübler allerdings dagegen aus.

Auch nördlicher Speckgürtel wächst

Da sich der Traum vom Leben auf dem Land im Wiener Süden für viele Jungfamilien immer schwieriger verwirklichen lässt, weichen sie verstärkt in den Norden aus.

Der ehemalige Skirennläufer Rainer Schönfelder, der nach dem Ende seiner Sportkarriere zum Immobilienunternehmer umschulte, hat vor einigen Jahren begonnen, Gemeinden im nördlichen Halbkreis um Wien – „von Tulln bis Gänserndorf“ – abzugrasen. Er traf sich mit etlichen Bürger­meistern und lotete die Möglichkeiten für Wohnimmobilieninvestments aus. Sein Fazit: Leicht ist das Bauen im Speckgürtel nicht. Vor allem, wenn neben den begehrten Einfamilien- und Reihenhäusern auch größere Wohnanlagen ­geplant sind. Mehrmals ist es ihm passiert, dass weit fortgeschrittene Projekte nach einer Gemeinderatssitzung plötzlich wieder auf null standen. „Zu erreichen, dass in einer kleinen Gemeinde alle an einem Strang ziehen, ist ein Riesentheater.“

Ex-Skistar Rainer Schönfelder will im nördlichen Speckgürtel Wohnbau entwickeln.

Nun setzt er mit seinem Unternehmen „You Will Like It“ ein erstes Projekt in Mistelbach um. Sechs Doppelhäuser mit je zwei Wohneinheiten im Norden der Bezirkshauptstadt sind fast fertig, rundherum befinden sich Parzellen für Einfamilienhäuser. Letztere „gingen weg wie die warmen Semmeln“, sagt Schönfelder. Anfangs habe man 140 Euro pro Quadratmeter verlangt, am Schluss sei man bei 190 gewesen. Wenige Monate lagen dazwischen. „Der Markt hat das hergegeben.“

Im Wohnpark Mistelbach waren die Einfamilienhaus-Parzellen als erstes verkauft. (Foto: Rainer Schönfelder)

Von den Doppelhaushälften ist jede zweite verkauft, zu Preisen von „ganz bewusst unter 300.000 Euro“ für rund 110 m² Wohnfläche. Zielgruppe sind Familien, die sich größere Wohnungen in Wien nicht mehr leisten können. Er habe das im Bekanntenkreis öfter erlebt, sagt Schönfelder.

2019 soll die erste Bauphase abgeschlossen sein, dann will Schönfelder alle Wohneinheiten verkauft haben.

Mit dem Auto ist der Neo-Immobilienentwickler von seinem Büro im Millennium Tower in Wien-Brigittenau in 25 Minuten auf der Baustelle. Maximal 30 Minuten Autofahrt ab Center, so definiert er die Grenzen des Wiener Speckgürtels. Innerhalb derer will er noch zahlreiche weitere Projekte umsetzen.

So wächst der Speckgürtel immer weiter. Eine „Wanderdüne“ nennt ihn die Raumplanerin Gerlind Weber. „Die Menschen wandern immer weiter hinaus, um von den noch vergleichsweise günstigen Bodenpreisen zu profitieren.“ Durch neue Arbeitsformen wie Homeoffice, könnte sich der Speck noch weiter aufblähen.

Damit wachsen auch die Thujenhecken weiter. Für die Gießhübler Bürgermeisterin Michaela Vogl stehen die Hecken sinnbildlich für die Entwicklung: ein „Einkastln und Einsperren“, weil man die Nachbarn nicht mehr kennt. „Dabei gehört das Offene zum Dorfleben dazu. Das geht verloren.“

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