Das in Brunn am Gebirge in der Zeit von 1790 bis 1930 ein großer Braubetrieb bestand ist vielen Einwohnern von Brunn nicht mehr bekannt.
Heute erinnern nur noch die Mauerreste in der Ferdinand Hanusch-Gasse sowie der Felsenkeller erinnern daran.
Aus dem Ausstellungskatalog des Brunner Heimathauses und dessen Geschichte zitiert:
Die Brunner Brauerei ist als erstes großes Industrieunternehmen in Brunn am Gebirge anzusehen.
Die Weinhauer waren selbstverständlich bestrebt, die Errichtung von Brauereien im Weingebiet zu verhindern, was ihnen auch bis in die Zeit Josephs II gelang. Als dieser jedoch zur Wirtschaftsbelebung, bei der Vergabe von Gewerbekonzessionen mehr Großzügigkeit befahl, entstanden auch in unserer Umgebung Bierbrauereie, etwa in Schellenhof, in Mödling, Wr. Neudorf, Perchtoldsdorf und auch in Brunn.
Die Anfänge der Brunner Brauerei dürften wohl in bescheidenem Ausmaß 1790 in dem Kemeter- und Sauerhof (heute Gemeindebau Leop.-Gattringer-Straße 60) zu suchen sein. 1816/17 wird als Gründer Patek genannt und 1817 geht der Besitz in eine Commanditgesellschaft „Brunner Brau-Unternehmen“, über. Im Franziszeischen Kataster 1818, Mappe Nr. 139 Haus C 47 wird ein Johann Welponer (Wellponer) als Bräuer verzeichnet.
Diese kleine Brauerei dürfte wohl nicht mehr als den Bedarf der nächsten Umgebung gedeckt haben (Brunn und Ma. Enzersdorf). Mit der Gründung einer „Brunner Brauhaus-Unternehmungs-Aktiengesellschaft “ im Jahr 1847 dürfte die Erweiterung unter dem Vorstand des Wiener Eisenhändlers Anton Paul Lechner, erfolgt sein. Das Grundkapital dieser Gesellschaft betrug immerhin 200000 Gulden Konvertionsmünze (40 Stück Aktien zu 500.fl CM). Der weitere Ausbau hängt zweifellos mit der Errichtung der Bahnlinie zusammen. (Am 20 Juni 1841 fuhr der erste Zug von Wien nach Mödling)
Um diese Zeit dürfte der Ausbau der Brunner Brauerei zu einem der größten dieser Branche in der Monarchie erfolgt sein. Im Jahre 1872 wird die Brauerei unter der Firma „Actiengesellschaft der Brunner Brauerei“ geführt. Die Brunner Brauerei wurde von ihren jeweiligen Besitzern durch Um- und Zubauten vergrößert und 1865/66 erfolgte der Neubau des Sudhauses mit Maschinenbetrieb, sowie die Erweiterung und Vermehrung der Kühl- bzw. Lagerräume. Somit wurde eine Produktionsfähigkeit von jährlich bis zu 200000 Hektoliter erreicht.
Das Hauptabsatzgebiet für die Brunner Brauerei bildete Wien und seine Umgebung, sowie die Konsumtionsorte der verschiedenen Bahnlinien, darunter hauptsächlich Ödenburg, Raab, Tyrnau usw. Die Brauerei verfügte über ein eigenes Industriegeleise, das von der Hauptlinie der Südbahn beim Übergang nahe der Vesperkapelle durch das Gelände der Brauerei bis zum Felsenkeller führte.
Die Produktion betrug:
1874 183914 Hektoliter
1875 140443 Hektoliter
1876 125375 Hektoliter
1877 155925 Hektoliter
1878 110375 Hektoliter
1928/29 73551 Hektoliter – letztes Geschäftsjahr der Brunner Brauerei.
Mit Fussionsvertrag vom 22.7.1930 mit der Österreichischen Brau AG (Liesing) vereinigt.
Im Jahr 1878 erzeugte die Brunner Brauerei als einzige des Bezirkes sechs verschiedengradige Biere:
10 Grad 68375 Hektoliter
11 Grad 15500 Hektoliter
12 Grad 250 Hektoliter
13 Grad 20250 Hektoliter
14 Grad 4250 Hektoliter
15 Grad 1750 Hektoliter
gemessen in Sacchometergraden.
Die Braumethode war die in Österreich allgemein übliche:
Zwei Dickmaischen, eine Lautermaische. Die Farbe des Bieres war nicht so hell wie das der böhmischen Biere, aber von vorzüglicher Qualität.
Es gab:
Abzugbier, Lagerbier, Tafelbier, Bockbier, Greußenbier (Nachgärung), Kraftmalzbier und das sogenannte Mutterbier.
Dieses war das erste Bier beim Brauvorgang, das 3-4 Liter pro Tag und Arbeiter ausgegeben wurde.
Es wurden in zwei Kesseln je 330 hl gebraut. Die Zahl der Beschäftigten betrug (1918-1930) 187 Arbeiter und 11 Angestellte.
Folgende Berufsbezeichnungen waren üblich: Vorderbursch, das war soviel wie Vorarbeiter in verschiedenen Abteilungen. Braumeister, Gärführer, der für den Gärkessel Verantwortliche; Mälzer, Obermälzer, Binder, Oberbinder, Spengler, Schlosser, Elektriker, Waagmeister (Expeditor) , Bierversilberer (Kassiere).
Die Brauerei verfügte über 20 Pferde und eine größere Anzahl Ochsen. Die Pferdefuhrwerke fuhren täglich nach Wien. Mit 30-40 Fuhrwerken wurde Natureis von den Teichen in den Felsenkeller eingelagert.
Die vier Bierdepots der Brunner Brauerei in Wien befanden sich im 2., 10., 12. und 18 Bezirk.
Weitere Bierdepots waren in Mödling, Baden, Wr. Neustadt, Neunkirchen, Gloggnitz, Hainburg, Neusiedl am See und Preßburg.
In Brunn am Gebirge gab es um 1870 nicht weniger als 25 Gastgewerbebetrieb mit einem Steueraufkommen von 197 1/2 Gulden, das waren (außer Mödling mit 52 Gastgewebebetrieben), die meisten im Bezirk.
Einer der größten und vornehmsten war das im Besitz der Brunner Brauerei befindliche Restaurant „Brunner Brauhof“ in Mödling, Hauptstraße 1, wo sich heute das Amtsgebäude der Bezirkshauptmannschaft befindet. Eine besondere Attraktion bildete der sogenannte „Bierrummel“. Das war eine Art „Oktoberfest“ in den Räumen des Brauhauses.